Kündigung bei fehlerhafter Massenentlassungsanzeige unwirksam?
BAG, Vorlagebeschluss vom 23.05.2024 - 6 AZR 152/22
Will ein Unternehmen mehrere Arbeitnehmer entlassen, besteht je nach Anzahl der zu entlassenden Arbeitnehmer die Verpflichtung, vorab eine sogenannte Massenentlassungsanzeige bei der Bundesagentur für Arbeit zu erstatten.
Wurde die Massenentlassungsanzeige unterlassen oder war sie auch nur fehlerhaft, waren nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nachfolgend ausgesprochene Kündigungen unwirksam.
Mit seiner Entscheidung vom 23.5.2024 -Aktenzeichen 6 AZR 152/22 (A)- hat der sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts angedeutet, dass er an dieser Rechtsprechung nicht mehr festhalten wolle, dass also Kündigungen durch Fehler bei der Massenentlassungsanzeige nicht mehr unwirksam werden. Begründung ist, dass die Vorschrift in § 17 Kündigungsschutzgesetz mit der Verpflichtung zur Erstattung einer Massenentlassungsanzeige die Arbeit der Bundesagentur für Arbeit erleichtern solle und nicht dem Schutz einzelner Arbeitnehmer diene.
Da auch europarechtliche Fragen betroffen sind, hat das BAG den EuGH um eine Vorabentscheidung zu der obigen Frage gebeten.
Bis zu einer Entscheidung des EuGH in dieser Sache müssen Unternehmen, die Kündigungen aussprechen wollen, von der bisherigen Rechtslage ausgehen: Sollen mehrere Kündigungen ausgesprochen werden, muss die Frage der Pflicht zur Erstattung einer Massenentlassungsanzeige sorgfältig geprüft werden und eine mögliche Massenentlassungsanzeige muss fehlerfrei sein. Hier ist eine anwaltliche Begleitung für ein Unternehmen unabdingbar.