Rhein-Zeitung: Flughafen Hahn bleibt in der Diskussion
Anwälte von gekündigtem Mitarbeiter pochen auf Nachzahlung von Lohn
"Ein gerichtliches Verfahren ist abgewendet, die Turbulenzen bleiben: Auch wenn die mögliche Eröffnung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens am Flughafen Hahn nicht mehr im Raum steht, dauert die Debatte an, wie die wirtschaftliche Lage wirklich aussieht. Seit Tagen gibt es zudem wilde Gerüchte darüber, wer den Antrag auf die Eröffnung des Verfahrens gestellt haben könnte.
Die Nachricht vom Gläubigerantrag beim Amtsgericht Bad Kreuznach verbreitete sich vor wenigen Tagen wie ein Lauffeuer (wir berichteten). Diese ist abgearbeitet, mittlerweile wird vor allem darüber spekuliert, wer ein Interesse an einem solchen Verfahren gehabt haben könnte und wer wiederum (und warum) die Nachricht dazu bekannt gemacht hat. Das Amtsgericht selbst hatte den Antrag nicht veröffentlicht, schließlich befand sich dessen mögliche Eröffnung zu diesem (frühen) Zeitpunkt noch in der Prüfung. Wenige Tage später wurde die Akte dann bei Gericht schon wieder geschlossen, weil der Antrag zurückgezogen wurde. Damit wird das Gericht auch ganz endgültig nicht darlegen, wer den Antrag gestellt hatte. Es handelte sich offensichtlich um eine „natürliche Person" im juristischen Sinn, also eine rechtsfähige Einzelperson.
Der Gedanke eines Insolvenzverfahrens der Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH (FFHG) wurde also wohl nicht von einem Unternehmen oder einem Betrieb als Dienstleister formuliert, sondern tatsächlich wohl von einem einzelnen Gläubiger. Auf Anfrage teilt die Anwaltskanzlei Wohlleben und Partner mit: „Der Insolvenzantrag wurde von unserer Kanzlei nicht gestellt." Dies wäre theoretisch denkbar gewesen, da die unter anderem in Kirchberg niedergelassene Kanzlei für einen Mandanten nach wie vor Ansprüche gegenüber der FFHG vertritt. Allerdings hätte ein Insolvenzverfahren auch die Chancen des Mandanten verringert, seine finanzielle Forderung in vollem Umfang durchzusetzen.
Etwa 20.000 Euro Lohn stehen aus
„Es ist richtig, dass wir einen Arbeitnehmer mit Erfolg beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vertreten haben", erklärt die Kanzlei auf Anfrage unserer Zeitung. Hintergrund ist, dass Wohlleben und Partner im Mai einen Rechtsstreit in zweiter Instanz beim Landesarbeitsgericht Mainz gewonnen hat (siehe Artikel unten). Dieser „Sieg" zieht Ansprüche im fünfstelligen Bereich seitens des Mandanten sowie mögliche Rückforderungen der Bundesagentur für Arbeit gegenüber der FFHG nach sich. „Wegen der rückständigen Lohnforderungen bis einschließlich April 2020 in Höhe von ca. 20.000 Euro befinden wir uns derzeit in der Pfändung", erklärt die Kanzlei. „Die restlichen Beträge sind auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen, weil unser Mandant im Rahmen der Gleichwohlgewährung Arbeitslosengeld bezogen hat. Wegen der weiteren Lohnforderungen von Mai 2020 bis Juni 2021 haben wir eine Klage beim Arbeitsgericht Mainz - auswärtige Kammern Bad Kreuznach - anhängig gemacht, nachdem die Gegenseite trotz außergerichtlicher Aufforderung nicht gezahlt hat. Trotz Verurteilung und Aufforderung wurde die tatsächliche Beschäftigung bisher nicht gewährt."
Vertreten wurde der frühere, nach der Arbeitsgerichtsentscheidung letztlich wieder einzustellende Mitarbeiter, von Anwältin Dr. Margit Bastgen. „Wir haben einen vollstreckbaren Titel", sagt Bastgen. Sie sieht nicht nur den dringenden Bedarf, dass der ausstehende Lohn seitens der FFHG fließt, sondern sie richtet den Blick auch auf die Wirkung der Kündigung, die sich gegen ihren Mandanten richtete: „Wenn man so lange in einem Betrieb war, dann läuft man nach einer solchen Kündigung auch verschämt durch die Gegend." Vor dem Landesarbeitsgericht zu gewinnen, bedeutete für den Ex-Angestellten demnach auch eine persönliche Rehabilitation, denn das Mainzer Gericht stellte fest, dass dem Mitarbeiter nicht hätte gekündigt werden dürfen.
Der Rückzug des Gläubigerantrags auf ein vorläufiges Insolvenzverfahren beim Amtsgericht Bad Kreuznach deutet darauf hin, dass in diesem Fall eine ausstehende Zahlung kurzfristig geleistet worden sein könnte, sodass der Grund für den Antrag eines hinfällig wurde. Diskutiert wird dabei über einen sechsstelligen Betrag.
Unvermeidliche Unruhe
Auf Anfrage erklärt der Betriebsratsvorsitzende der Flughafengesellschaft, Thomas Dillmann, dass es zwar Unruhe und Sorge in der Belegschaft gegeben hat nach der ersten Nachricht eines möglichen vorläufigen Insolvenzverfahrens, aber es keine Probleme beispielsweise mit Gehältern gegeben habe. „Es ist definitiv so, dass die Gehälter und die Sozialleistungen anstandslos gezahlt wurden", sagt Dillmann. „Es gab auf die Berichte heftige Reaktionen", erklärt er zudem - der schwerwiegende Begriff „Insolvenzverfahren" brachte wohl Sorgen mit sich. Nicht nur bei den Beschäftigten: „So etwas verunsichert auch Lieferanten und Kunden", sagt Dillmann. Grundsätzlich ist am Flughafen davon zu hören, dass es derzeit eine große Nachfrage gibt, für die auch Personal benötigt wird - gerade der Zuwachs bei der Fracht bringe in dieser Hinsicht operative Aufgaben mit.
Seitens der FFHG gibt es zu den jüngsten Vorgängen keine offizielle Stellungnahme. Offensichtlich scheint die Flughafengesellschaft aber „normal" alle täglichen Geschäfte abzuwickeln, der Blick richtet sich dabei aufs Wesentliche. Unter anderem gibt es verschiedene Stellenausschreibungen, auch für Kernaufgaben wie den „Bereichsleiter Operations".
Welche Beweggründe es gegeben haben mag, dass ein Gläubiger den Gang zum Amtsgericht Bad Kreuznach einschlug, wird am Hahn zwar weiter diskutiert. Aber abgesehen von den grundsätzlichen Problemen, die Flughäfen derzeit aufgrund der Pandemie ganz allgemein haben, wird die Situation am Hahn aktuell nicht als extrem düster beschrieben."
Quelle: Rhein-Zeitung vom 04.07.2021
Hintergrund:
Gekündigter Flughafen-Mitarbeiter obsiegt nach mehr als zwei Jahren in zweiter Instanz